Biografie
Als Fulvio Bianconi nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nach Murano kam, um eine Serie von Flakons für den Parfumhersteller Paolo Visconti di Modrone zu kreieren, erkannte Paolo Venini sofort sein enormes kreatives Potenzial und gewann ihn als Entwerfer.
Seit den dreißiger Jahren hatte der 1915 in Padua geborene Bianconi sich einen hervorragenden Ruf als freischaffender Grafikdesigner in Mailand erarbeitet und schuf dort im Auftrag der großen italienischen Verlagshäuser Mondadori, Rizzoli und Garzanti Buchcover und Illustrationen. Zudem verantwortete er Werbekampagnen für die boomenden Vorzeigeunternehmen des Landes wie den Autohersteller Fiat, die Reifenfirma Pirelli und den Panettone- und Eishersteller Motta – Firmen, die noch heute mit ihren Exportprodukten international das Bild von Italien prägen. Erste Erfahrungen mit Glas hatte der Musikersohn als Fünfzehnjähriger bei Salviati & Cie. gesammelt, wo er Gläser mit Emaillemalereien verzierte. 1946 begann er in Murano mit dem Studium der Glastechniken, doch Paolo Venini, bekannt für seine Freude an Innovationen, engagierte den Dreißigjährigen und stellte ihm sofort seinen besten Glasbläsermeister, Arturo Biasutto, zur Seite, der seine Entwürfe auf höchstem Niveau realisieren sollte.
Den ersten durchschlagenden Erfolg feierten Venini und Bianconi schon ein Jahr später 1948 auf der Biennale von Venedig, wo Bianconi Figuren aus der Commedia dell’Arte und eine Serie von Musikanten präsentierte. In den darauffolgenden Jahren 1950 und 1951 entwarf Bianconi die aus ‚Tessere' aufgebauten ‚Pezzato'-Vasen und die ‚Fazzoletti' ,die noch heute zu den bekanntesten und beliebtesten Erzeugnissen der Muraneser Glaskunst zählen. Auch das Jahr 1953 war geprägt durch zahlreiche neue Serien, mit denen die Firma Venini auf der Mailänder Triennale einen Gran Premio-Titel errang. Nach dem Tod von Paolo Venini arbeitete Fulvio Bianconi, der aufgrund seiner extravaganten Entwürfe bei vielen Meistern einen schweren Stand hatte, auch mit anderen Manufakturen erfolgreich zusammen. Ende der fünfziger Jahre entwarf er für Gino Cenedese dickwandige Vasen in abstrakten Formen. In den sechziger Jahren lieferte er Entwürfe für die Vetreria Vistosi, die auf der XVIII. Triennale in Mailand präsentiert und mit dem von Gio Ponti ins Leben gerufenen Designpreis Compasso d'Oro ausgezeichnet wurden. In den sechziger Jahren wurde die Zusammenarbeit mit Venini erneuert, es entstanden die ‚Sassi' sowie die ‚Informali' ausmassivem Glas, deren Oberflächen an die Struktur von Orangenschalen erinnern.
Bianconis Oeuvre in Glas wurde bereits zu seinen Lebzeiten in zahlreichen Ausstellungen gewürdigt. Venini stellte seine Arbeiten in Deutschland und Österreich aus. 1957 waren seine Gläser im Walker Art Center in Minneapolis und in Toronto zu sehen. 1960 waren Bianconi-Entwürfe in der legendären Überblicksschau ‚Vetri di Murano 1860 – 1960' in Verona vertreten. Anlässlich der Gruppenschau ‚Venini Glass' tourte eine Auswahl seiner Entwürfe zwei Jahre durch die größten Städte Amerikas. Seit 1971 unterhielt Fulvio Bianconi, der parallel zu seiner Tätigkeit als Glasdesigner weiterhin als Grafikdesigner erfolgreich war, ein eigenes Atelier in der Via della Spiga in Mailand. Im Bereich der Glaskunst konzentrierte sich der 1996 verstorbene Bianconi, der das Glas immer kokett als sein „Hobby” bezeichnete, zunehmend auf die Herstellung von künstlerisch anspruchsvollen Serien und Skulpturen wie die Frauenkörper-Serie für Seguso Vetri d'Arte oder die wie von einem Sturm windschief geblasenen Kelche ‚Colpo di Vento' für Toso Vetri d'Arte aus dem Jahr 1983.
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Objekte von Fulvio Bianconi