Biografie
Anzolo Fuga stammte aus einer der ältesten Muraneser Glasfamilien, deren Stammbaum bis ins Mittelalter zurückreicht. Schon im 13. Jahrhundert stellten die Fugas Glas her. Das Familienwappen, ein blitzartig in Zacken verlaufender Pfeil, findet man auf Glasmedaillons, die ins 16. Jahrhundert datieren - Anzolo Fuga verwendete das Wappen als Signatur für ausgewählte Stücke, die er in der Ca' Pesaro ausstellte. Im 17. und 18. Jahrhundert sind Mitglieder der Familie in der Gilde der Glasmacher dokumentiert. Anzolo Fugas Vater war technischer und künstlerischer Leiter der Firma von Baron Raimondo Franchetti Cristalleria di Venezia e Murano. Seine Mutter Adelaide war die Tochter von Giuseppe Barovier, der Ende des 19. Jahrhunderts entscheidend an der Wiederbelebung der Glaskunst in Murano beteiligt gewesen war Jahrelang betätigte sich Anzolo Fuga gleichzeitig in mehreren Bereichen der Glasbranche - als Lehrer, Designer von künstlerischen Objekten und als Entwerfer von Glasfenstern und Mosaikbildern. Seit seiner Ausbildung am Istituto d'Arte di Venezia interessierte er sich für dieses traditionelle Genre der Glaskunst. In den Kirchen Venedigs fand er zahlreiche historische Vorbilder, und zeitgenössische Beispiele hatte er mit den Fensterbildern von Carlo Scarpa und dem Maler Mario Sironi vor Augen, die die Firma Cappellin & C. in den dreißiger Jahren herstellte. Erst durch seine Initiative wurde an der von Guido Balsamo Stella geleiteten Schule 1938 der Fachbereich Flachglas auf den Lehrplan gebracht. Nach seinem Abschluss gründete Anzolo Fuga zusammen mit seinem Bruder Giuseppe die Firma Anzolo Fuga & C. für emaillierte, vergoldete und gravierte Gläser, in der auch die ersten abstrakten und figürlichen Mosaikglasbilder entstanden, die 1948 auf der Biennale von Venedig ausgestellt wurden. 1955 führte Anzolo Fuga die Firma unter dem Namen Vetri decorati e Vetrate istoriate alleine weiter. Es entstanden Fenster mit biblischen Themen im Auftrag der venezianischen Kirche San Vito und der Tiroler Kirche Sankt Egidien. 1965 schuf er für den venezianischen Palazzo Barbarigo ein rundes Deckenfenster, 1985 lieferte er 50 Fenster für eine Galerie in Tokio und in Venedig arbeitete er für das Grand Hotel Danieli. Fuga changierte, je nach Auftraggeber, zwischen traditionellen figürlichen Mosaikbildern in diversen Stilrichtungen von gotisch bis byzantinisch und abstrakten Glastafeln, bei denen er ungewöhnliche Effekte durch Ätzungen und Gravuren und andere technische Experimente erzielte. Ein zweites Steckenpferd waren hingegen emaillierte Gläser, meist Einzelstucke für eine spezielle Sammlerklientel. Ab 1955 arbeitete er auch als Entwerfer für die 1932 gegründete Firma A.VE.M., die in den fünfziger Jahren den Geschwistern Luciano, Giulio und Ada Ferro gehörte, letztere leitete ab 196 die Firma alleine. Charakteristisch für seine frühen Entwürfe ist das weiße Glas, das er oft mit Stäben in leuchtenden Farben, mit Murrine und Zanfirico-Elementen kombinierte, Andere Dekore wirken wie malerische Improvisationen in Aquarellfarben wie bei den Serien Arcobaleno, Pavone, Murrine incatenate und Astrale. Anzolo Fugas Wirken beschränkte sich jedoch nicht auf Vasen für A.VE.M. Von 1954 bis 1960 entwarf er auch für die Firma I.V.R. Mazzega. Außerdem sicherte er sich als Lehrer einen bleibenden Platz in der Geschichte der Muraneser Glaskunst. Von 1951 bis 1972 war er Direktor und Lehrer der Scuola di Disegno per Vetrai Abate Zanetti, der 1862 gegründeten Fachschule für Glasarbeiter in Murano. Dort erweiterte er das Lehrangebot durch Kurse in Malerei, Grafik und Design, um die Schüler auf ihre Arbeit in den Glashütten umfassend vorzubereiten.