Biografie

Die entzückenden Spieltiere von Renate Müller (geb. 24.10.1945) zaubern nicht nur Kindern, sondern auch gestandenen Design-Liebhabern sofort ein Lächeln ins Gesicht. Seit einiger Zeit findet man die unverwüstlichen Spielgefährten aus Jute und bunten Lederflicken nicht nur in unaufgeräumten Kinderzimmern, sondern auch in Galerien und Auktionskatalogen – Renate Müllers plumpe, aber niedliche Nilpferde, Seehunde, Elefanten und Bären sind längst zu begehrten Sammlerobjekten geworden.

Als Studentin an der Fachschule für Spielzeug in Sonneberg, wo sie von 1964 bis 1967 studierte, schuf Renate Müller auf Anregung ihrer Lehrerin Helene Haeusler die ersten Spieltiere, die in ihrer robusten und einfachen Art vor allem für behinderte Kinder konzipiert waren. "Spielzeuge für Kinder mit besonderen Bedürfnissen müssen bestimmte Kriterien erfüllen. Die Tatsache, dass sie entworfen werden, damit diesen geholfen wird ihre physischen und mentalen Fähigkeiten zu entwickeln, heißt jedoch nicht, dass sie anders aussehen müssen", erklärt Renate Müller ihr auf einfachen Grundformen und Materialien basierendes Gestaltungskonzept, dem sie über Jahrzehnte treu geblieben ist (Renate Müller, Toys+Design, hg. von E. Snyderman, Z. Meyers, 2010, S. 16.). Jute und Lederflicken in Rot und Hellblau laden die Kinder ein zum Tasten und Streicheln, und an den Griffen lassen sich auch große Tiere leicht transportieren. Inspirationen lieferten der Designerin die pädagogischen Ansätze Friedrich Froebels, der 1840 den ersten Kindergartens gründete, und die Beschäftigung mit den Werken und Ideen des Bauhausgründers Walter Gropius.

Das Interesse für Spielzeug wurde der Designerin in die Wiege gelegt. Schon als Kind durfte sie in der Spielzeugfabrik ihres Vaters Hubert Josef Leven mithelfen. Seit dem 19. Jahrhundert wurden in Sonneberg Spielwaren hergestellt, und vor dem Ersten Weltkrieg kamen 20% der auf dem Weltmarkt angebotenen Spielwaren aus der Stadt in Thüringen. Nach ihrem Studium trat Renate Müller dann in den elterlichen Spielwarenbetrieb ein, um therapeutisches Spielzeug zu entwickeln. Zu den ersten Modellen, die in Serie produziert wurden, gehören eine Ente, ein Nashorn und ein Würfel, die 1967 auf der Messe in Leipzig vorgestellt wurden. In Zusammenarbeit mit Medizinern und Therapeuten erweiterte sie das Spektrum der Figuren, die sich in Kindergärten großer Beliebtheit erfreuten. Nach der Verstaatlichung der Spielzeugfirma ihres Vaters im Jahr 1972 arbeitete Renate Müller weiter an ihrem Figurenprogramm für die Folgefirma VEB Therapeutisches Spielzeug (später VEB Vereinigte Spielwarenwerke Sonni). 1974 absolvierte die Designerin einen Qualifizierungslehrgang an der Hochschule für industrielle Formgestaltung Burg Giebichenstein in Halle. 1976 wurde sie in den Verband der Bildenden Künstler der DDR aufgenommen.

Ab 1978 wirkte Renate Müller als freischaffende Spielzeuggestalterin und realisierte auch zahlreiche Spielplätze. Ab 1982 lehrte sie u. a. an der Ingenieurschule in Sonneberg 'Gestaltung Textilspielzeug'. Nach der Wende konnte die preisgekrönte Spielzeugdesignerin 1990 die Rechte an ihren Modellen zurückkaufen und gründete in Sonneberg das Entwurfsatelier und die Werkstatt "Spielzeug + Design". Dort werden bis heute alle Modelle von der Designerin in Handarbeit gefertigt und alte Modelle repariert, denn viele Tiere machen nun schon der dritten Generation Freude.