Biografie

Gabriele Münter zählt neben Wassily Kandinsky, Franz Marc und Alexej Jawlensky zu einer der wichtigsten Künstlerinnen der expressionistischen Gruppe „Der Blaue Reiter“.

Sie wurde 1877 in Berlin geboren. Die Familie zog nach Herford und später nach Koblenz um. Schon in der Schulzeit wurde ihr künstlerisches Talent deutlich, die Mutter ermöglichte ihr Privatunterricht und Münter besuchte zudem eine Damenkunstschule in Düsseldorf. Nach dem Tod des wohlhabenden Vaters im Jahre 1896 war sie finanziell unabhängig. Als im Jahr darauf auch die Mutter verstarb, unternahm sie zusammen mit ihrer Schwester ab 1899 für 2 Jahre eine Reise in die USA, bei der sie Verwandte besuchten. Zu Beginn er Reise erhielt Gabriele Münter von ihrer Schwester eine Kodak Boxkamera. Mit dieser Kamera fotografierte Münter ihre Umgebung und dokumentierte die Reise. Die Fotos überraschen durch eine hohe künstlerische Qualität. Obwohl Münter zuvor nicht fotografierte, erkennt man ihren Sinn für Komposition und das Erfassen der Motive. Nach der Rückkehr nach Deutschland ging Münter nach München, um ihre künstlerische Ausbildung weiter voranzubringen. Da Frauen zu dieser Zeit die Kunstakademie noch nicht besuchen durften, studierte Münter zunächst an der Damenakademie des Künstlerinnen-Vereins, wechselte aber bald in eine private Malschule. Ab Winter 1901 besuchte sie die Malschule „Phalanx“ um Bildhauerei zu erlernen. Daneben besuchte sie hier den Kurs im Aktzeichen, der von Wassily Kandinsky geleitet wurde, der auch die Malklasse führte. Bei einem Malaufenthalt der Malklasse in Kallmünz im Sommer 1903 entwickelte sich eine Beziehung zwischen Münter und ihrem Lehrer Kandinsky, die zunächst geheim gehalten wurde, da Kandinsky zu der Zeit noch verheiratet war. Er gab Münter sogar ein Eheversprechen, das noch wichtig für den Erhalt der frühen expressionistischen Kunstwerke werden sollte. Nachdem das Liebesverhältnis öffentlich wurde, beschlossen Münter und Kandinsky die Malschule und München für eine ausgedehnte Reise zu verlassen. In den nächsten 5 Jahren besuchten sie die wichtigen Zentren der Kunst, so führten sie ihre Studien u.a. in die Niederlande, Frankreich, Italien und Tunesien. In diesen Jahren malten beide noch in einem spätimpressionistischen Stil mit dickem, pastosen Farbauftrag und einer schnellen skizzenhaften Malweise. In dieser Zeit zeichnete und malte Münter meist Landschaften und Stadtansichten, fotografierte aber auch, vor allem in Italien. In den Jahren 1906/07 lebten beide über ein Jahr in Paris. Münter nahm Malkurse und schuf zahlreiche Holz- und Linolschnitte. In dieser Zeit nahm sie auch an ihren ersten Ausstellungen teil.

1908 kehrten Münter und Kandinsky wieder nach München zurück, und unternahmen auf Vorschlag ihrer Freunde Alexej Jawlensky und Marianne von Werefkin im Sommer einen Malausflug nach Murnau am Staffelsee. Die vier Künstler arbeiten intensiv und gelangten innerhalb weniger Tage zu einem neuen Stil und fanden zum Expressionismus. Münter hielt in ihrem Tagebuch die Entwicklung fest: „Ich habe da nach kurzer Zeit der Qual einen großen Sprung gemacht – vom Naturabmalen – mehr oder weniger impressionistisch – zum Fühlen eines Inhaltes, zum Abstrahieren – zum Geben eines Extraktes.“ (1) In Murnau lernten Münter und Kandinsky die bayerische Hinterglasmalerei kennen, sammelten ab da diese Bilder und nahmen Unterricht bei einem lokalen Künstler.

Im Jahr darauf kehren Münter und Kandinsky wieder nach Murnau, Münter erwarb ein Haus, das sie bis zu ihrem Tod besaß und in dem beide bis 1914 die Sommermonate verbrachten.

Mit weiteren Künstlern wurde 1909 die Neue Künstler Vereinigung München (N.K.V.M.) gegründet, um die Bilder, die in den letzten Jahren entstanden waren, auszustellen. Die Gruppe existierte bis 1911 und führte drei Jahresausstellungen durch, die auch in anderen Städten in Deutschland zu sehen waren und auch in Moskau gezeigt wurden. Da Kandinsky mit der Ausrichtung der Gruppe unzufrieden war, trat er als Vorsitzender zurück und begann im Sommer 1911 zusammen mit Franz Marc an dem Almanach „Der Blaue Reiter“ zu arbeiten, der im Frühjahr 1912 erschien. Ende des Jahres 1911 traten er, Marc, Münter und weitere eher progressive Künstler aus der N.K.V.M. aus. Kurze Zeit später eröffnete die erste Ausstellung der neuen Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“. Mit Beginn der Ersten Weltkrieges musste Kandinsky als ausländischer Staatsbürger Deutschland verlassen und so er reiste mit Münter in die Schweiz. Kandinsky fuhr Ende 1914 nach Russland, Münter ging nach Schweden, wo sie Kontakte zu der Kunstszene in Stockholm knüpfte. Ende 1915 kam Kandinsky nach Stockholm, wo Münter eine Ausstellung für ihn organisiert hatte, fuhr aber bereits wenige Wochen später zurück nach Moskau. Im Laufe des Jahres 1917 bricht Kandinsky den Kontakt zu Münter vollständig ab. Diese erfährt erst Jahre später, dass er zu dieser Zeit seine 2. Frau Nina geheiratet hat. Ende des Jahres geht Münter nach Dänemark, wo ihre bisher größte Ausstellung mit mehr als 120 Arbeiten stattfand und sie nun von Publikum und Kritik als einflussreiche und renommierte Künstlerin der Avantgarde gefeiert wurde.

1920 kehrte Münter nach Deutschland zurück, zunächst nach München und Murnau, stellte unter anderem in der Münchner Neuen Sezession aus, sowie vereinzelt in anderen deutschen Städten. Ab 1925 lebte sie in Berlin, nahm Zeichenunterricht und knüpfte Kontakte zur Kunstszene, jedoch ohne an ihr Ansehen in Dänemark anknüpfen zu können oder Ausstellungsmöglichkeiten zu bekommen.

Sie erfuhr 1921, dass Kandinsky wieder in Deutschland ist und am Bauhaus in Weimar unterrichtet. Er forderte von Münter nun seine persönliche Habe zurück, die er im Haus in Murnau zurückgelassen hatte, darunter viele Gemälde. Bei einem jahrelangen Rechtsstreit um das nicht eingehaltene Eheversprechen aus dem Jahre 1903 von Kandinsky, wurden Münter schlussendlich alle Werke Kandinskys aus den Münchner und Murnauer Jahren zugesprochen.

1927 lernte Münter den Philosophen und Kunsthistoriker Johannes Eichner kennen, der sie dazu anregte und animierte wieder mehr künstlerisch zu arbeiten. Zusammen unternahmen sie von Ende 1929 bis 1931 eine Frankreichreise, unter anderem blieben sie für ein halbes Jahr in Paris.

Danach kehrte Münter nach Murnau zurück, wo sie ab 1936 mit Eichner zusammen in ihrem Haus lebte. Sie trat der „Reichskammer der bildenden Künste“ bei, um weiterhin Arbeiten und Ausstellen zu können. So nahm sie an einer offiziellen Propaganda-Ausstellung anlässlich der Olympischen Spiele teil. Dies führte dazu, dass sie als einzige Künstlerin des „Blauen Reiters“ nicht als entartet galt und relativ ungehindert während des Dritten Reiches Malen konnte. 1938 versteckte sie ihre eigenen Gemälde sowie die Bilder Kandinskys, aber auch Werke von ,Marc, Klee und anderen Expressionisten, im Keller des Murnauer Hauses und rettete die Kunstwerke so während des Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit.

In der Nachkriegszeit knüpfte sie mit Blumenstillleben an ihre Maltätigkeit an, versuchte sich aber auch an abstrakten Kompositionen. Sie beteiligte sich an der Biennale im Venedig im Jahre 1950 und der ersten Documenta 1955.

Anlässlich ihres 80. Geburtstagss schenkte sie der Münchener Städtischen Galerie im Lenbachhaus im Jahr 1957 die expressionistischen Bilder, Zeichnungen und Dokumente, die sie in ihrem Keller versteckt hatte und verhalf dem Museum so zur größten Sammlung der Kunst des „Blauen Reiters“.

Gabriele Münter starb 1962 in Murnau und ist auf dem dortigen Friedhof begraben.

Wenn Sie Kunstwerke von Gabriele Münter in einer unseren Auktionen versteigern möchten, kontaktieren Sie gerne unsere Expertin Laura Hille unter l.hille@quittenbaum.de.“


(1) Zitat: Helmut Friedel, Annegret Hoberg (Hrsg.): Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. 2. Auflage, München 2014, S. 202.